Widerrufsrechte

bei Vertragsschluss außerhalb von Geschäftsräumen und bei Fernabsatzgeschäften


Stand: Juli 2022


Bereits 2014 ist das gesamte Widerrufsrecht bei Verträgen mit Privatkunden neu strukturiert worden. Dabei ging es erstmals nicht nur um Kaufverträge, sondern auch um Aufträge am Bau. Der Gesetzgeber wollte dem Verbraucher mit der Reform ähnlich viele Möglichkeiten zum Widerruf von schon abgeschlossenen Bauverträgen einräumen, wie man das von den klassischen „Internetkaufgeschäften“ schon kannte.  Seither gab es eine Menge Probleme rund um die Widerrufsbelehrungen im Bauhandwerk und die generelle Frage: in welchen Fällen genau kann der Privatkunde widerrufen?

 

Das Widerrufsrecht bei Verträgen mit Privatkunden im Überblick:

Schutz durch einen Vertragswiderruf hatten Privatkunden immer schon bei Kaufverträgen nach dem Fernabsatzgesetz, wenn sie zum Beispiel Waren im Internet einkaufen oder auch nach dem Haustürwiderrufsgesetz, wenn sie von Reisegewerbetreibenden oder Handelsvertretern an der Haustür angesprochen wurden.

Seit 2014 wurde der Verbraucherschutz auf sämtliche Dienstleistungen, also auch auf „seriöse“ Bauverträge/Werkverträge ausgeweitet. Das Widerrufsrecht besteht grundsätzlich bei zwei Konstellationen:

a) Der Werkvertrag ist außerhalb der Geschäftsräume des Handwerkers (also in der Regel in den Räumen des Privatkunden) bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Vertragsparteien endgültig geschlossen worden. Dann kommt ein Widerrufsrecht des Kunden nach 312g BGB in Betracht.


b) Der Werkvertrag wird mit einem Privatkunden ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (per Internet, per Mail, per Telefon, per Fax, oder sozialen Medien) verhandelt und geschlossen, sog. Fernabsatzverträge. Dann besteht grundsätzlich ein Widerrufsrecht des Privatkunden nach § 312 c BGB.

Grundsätzlich heißt aber hier, dass es Nuancen gibt, die zu einem völlig anderen Ergebnis führen, wie nachfolgende Ausführungen verdeutlichen.

A. Variante 1: „außerhalb der Geschäftsräume abgeschlossen“

Das entscheidende Kriterium ist für diese Variante, dass der Vertrag „außerhalb der Geschäftsräume des Anbieters“ geschlossen sein muss. Das ist in der Malerbranche bei Privataufträgen gar nicht so selten, bei kleineren Privataufträgen oft sogar die Regel. Deshalb ist aber noch keineswegs jeder Vertragsschluss widerrufbar. Es gibt verschiedene Fallgruppen in der komplizierten Gesetzesformulierung, die sich auf den ersten Blick nur sehr schwer auseinanderhalten lassen. 

 312 b, Absatz 1 Nr. 1, in Verbindung mit § 312 g: Dem Verbraucher steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht zu. Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind solche, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist.

1. Der Auftrag wird direkt beim ersten oder späteren Besuch vor Ort beim Kunden (fix und fertig) abgeschlossen

Entscheidend für die Widerrufbarkeit ist nach der Gesetzeslage die gleichzeitige körperliche Anwesenheit beider Parteien und der dabei vollzogene Vertragsschluss. Wie der Vertragsschluss dann „formell“ zustande kommt, ist letztlich unerheblich. Es kann der berühmte „Handschlag“ sein. Der Kunde kann aber auch auf ein vorbereitetes oder spontan entworfenes schriftliches Angebot des Handwerkers seine Unterschrift setzen (Auftragserteilung, Auftragsbestätigung). Diese Handhabung ist im Bauhandwerk durchaus verbreitet, insbesondere bei kleineren Aufträgen ist das oft der Fall (Ausnahme: Reparaturaufträge, s. dazu unten unter „Sonderfälle“). Das, was schnell und praktisch aussieht, ist also gerade nicht in trockenen Tüchern. Hier – und gerade hier greift das 14‐ tägige Widerrufsrecht.
Hier muss der Kunde deshalb über sein Widerrufsrecht schriftlich informiert werden. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (vom 26. November 2020, Az. I ZR 169/19) müssen die Widerrufsbelehrung und das Muster einer Widerrufserklärung zusammen ausgehändigt werden. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge muss dies in Papierform erfolgen.

Siehe dazu die entsprechenden Muster am Ende.

 

2. Der Auftrag wird erst später abgeschlossen

Für den klassischen Vertragsschluss – wie es mit dem Privatkunden im Handwerk eigentlich üblich sein sollte – in der Reihfolge:

a) Der Kunde ruft von sich aus beim Handwerker an
b) Der Handwerker kommt zum Privatkunden nach Hause, um die anstehende Leistung zu besichtigen
c) Das Angebot wird später im Nachgang erstellt
d) Der Auftrag wird einige Tage später persönlich, per Telefon, E‐Mail oder Fax erteilt

 

bleibt alles wie bisher. Dann gibt es kein Widerrufsrecht. Diese Version gilt als ein nicht außerhalb der Geschäftsräume geschlossener Vertrag, weil es insbesondere am Merkmal der „gleichzeitigen körperlichen Anwesenheit“ mangelt.


Hier fehlt insbesondere die situative Drucksituation (Auge‐in‐Auge‐Situation), die einen gewissen Überrumpelungseffekt auslösen könnte und den Kunden dann möglicherweise zu einem vorschnellen Vertragsschluss verleitet. Der Schutz des Privatkunden vor einer solchen Drucksituation ist aber die gesetzgeberische Motivation des gesamten reformierten Widerrufsrechts.

 

Für andere (allerdings seltenere) Abläufe beim Vertragsschluss kommt das Widerrufsrecht allerdings in Betracht, insbesondere:

 

3. Der Erstkontakt geht vom Handwerker anlässlich eines Kundenbesuchs aus

§ 312 b Absatz 1 Nr. 3: Dem Verbraucher steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ein Widerrufs-recht zu. Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind (auch) solche, die in den Ge-schäftsräumen des Unternehmers oder per Fernkommunikation geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar vorher bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit beider Parteien vom Unternehmer außerhalb der Geschäftsräume persönlich und individuell angesprochen wurde.

Wenn der Malerbetrieb im Rahmen einer Kundenpflege oder Kundenakquise seine potenziellen Auftraggeber persönlich im Wege eines Kundenbesuchs von sich aus individuell anspricht oder in dessen Privaträumen/Haus aufsucht, ist auch der darauf unmittelbar folgende Vertragsabschluss widerrufbar. (Käme es zum sofortigen Vertragsabschluss, wäre der Vertrag ohnehin schon nach der obigen Ziffer 1 widerrufbar). Hier muss der Kunde deshalb ebenfalls über sein Widerrufsrecht immer schriftlich informiert werden.

B. Variante 2 Fernabsatzgeschäft:

Alles, von der Ansprache über die Verhandlung bis zum Vertragsschluss, geht per Telefon, Fax, Mail (=Fernkommunikationsmittel) – also ohne persönlichen Kontakt, ohne „Hausbesuch“.


Wenn alle Vertragsschritte ausschließlich ohne persönlichen Kontakt laufen, also alles über Mail, Telefon, SMS, Fax, Whatsapp, usw. abgewickelt wird, stellt sich die Frage, unter welchen konkreten Bedingungen das Widerrufsrecht nach dem Fernabsatzrecht (= §312 c BGB) greift. Dies war in der Vergangenheit die am meisten umstrittene Frage in der Baurechtsliteratur und man wartete auf ein klärendes Urteil des Bundesgerichtshofs.

§ 312 c BGB: (widerrufbare) Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen der Unternehmer und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsabschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs‐ oder Dienstleistungssystems erfolgt. 

Die entscheidende Frage ist, wann ein solches, für den Fernabsatz „organisiertes Dienstleistungssystem“ vorliegt. Hier setzt ein neueres Grundsatzurteil des BGH an.

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 19. November 2020 (Az: IX ZR 133/19) entschieden, dass ein Rechtsanwalt, der einen Anwaltsvertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen hat, darlegen und beweisen muss, dass seine Vertragsschlüsse nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs‐ oder Dienstleistungssystems erfolgen. Vertritt der Anwalt Mandanten aus allen Bundesländern und erhält er bis zu 200 Neuanfragen für Mandate pro Monat aus ganz Deutschland, kann dies bei einer über die Homepage erfolgenden deutschlandweiten Werbung im Zusammenhang mit dem Inhalt seines Internetauftritts für ein solches, gesetzlich gefordertes „für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs‐ und Dienstleistungssystem“ mit der Folge sprechen, dass solche Verträge widerrufbar sind. 

 

Inwieweit ist das Urteil auf Bauhandwerker übertragbar?

Grundsätzlich macht es keinen Unterschied, um welche Art von Dienstleistung es sich handelt. Grundsätzlich sind also alle Feststellungen des Urteils auch auf Bauhandwerkerverträge übertragbar.


Danach gilt, dass in dem Fall, in dem der Unternehmer sowohl für die Vertragsverhandlungen als auch für den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet hat, nach der gesetzlichen Regelung in § 312c Abs. 1 BGB widerleglich vermutet wird, dass der Vertrag im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs‐ oder Dienstleistungssystems abgeschlossen worden ist. Es obliege dann dem Unternehmer, in derartigen Fällen darzulegen und zu beweisen, dass der Vertragsschluss gerade nicht im Rahmen eines speziell für den Fernabsatz organisierten Vertriebs‐ oder Dienstleistungssystems erfolgt ist.


Ob ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs‐ oder Dienstleistungssystem dann im Einzelfall tatsächlich besteht, hängt wesentlich davon ab, auf welche Art und Weise der Unternehmer in seinem Geschäftsbetrieb Vertragsverhandlungen und Vertragsschlüsse normalerweise anbahnt und letztlich ermöglicht. Danach müsse er sein Unternehmen personell und sachlich so ausgestalten und organisieren, dass sowohl Vertragsverhandlungen als auch Vertragsschluss regelmäßig und ohne weiteres unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln jederzeit möglich sind.


Für den typischen Bauhandwerksbetrieb dürfte nach diesen Kriterien in der Regel kein widerrufsfähiges Fernabsatzgeschäft vorliegen. Es fehlt im durchschnittlichen Handwerksbetrieb sicherlich meistens an der systematischen Ausrichtung auf diese Art des regelmäßigen Geschäftsabschlusses.


Vor allem würde die Kette der ausschließlichen Fernkommunikation in dem Moment unterbrochen, wo der Betrieb für die Angebotserstellung die anstehende Leistung vor Ort – z.B. für die Aufmaße – in Augenschein nimmt, um ein belastbares Angebot erstellen zu können.
Genau diese Argumentation hat jetzt ein Urteil des OLG Schleswig aufgegriffen und im Ergebnis zugunsten eines Handwerksbetriebes bestätigt.


Geht den telefonischen Vertragsverhandlungen und dem finalen telefonischen Vertragsschluss ein Besichtigungs-Ortstermin beim Privatkunden voraus, gibt es nach dem OLG Schleswig-Holstein kein Widerrufsrecht des Kunden nach den Vorschriften des Fernabsatzes (=Vertragsabwicklung ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmittel). Egal wie der Vertrag dann letztendlich formal abgeschlossen wird (per Mail, Telefon, Fax, Whatsapp) (OLG Schleswig-Holstein vom 15.10.2021 Az 1 U 122/20).

Das Gericht befand, dass der gesetzgeberische Zweck des Widerrufsrechts, nämlich ein Schutzbedürfnis des Kunden (und aus ihm resultierend ein Widerrufsrecht des Kunden) nicht vorliegt. Beim Ortstermin konnte sich der Kunde im persönlichen Gespräch mit dem Unternehmer genauer über die zu erbringende Leistung informieren und sich dabei auch einen persönlichen Eindruck vom Unternehmer verschaffen, was am Ende oft maßgeblich für die Entscheidung zum Vertragsschluss ist.“


Nach diesen Grundsätzen steht der dem Vertragsschluss vorangegangene persönliche Kontakt der Parteien aus dem „Ortstermin (auch wenn das keine eigentlichen „Vertragsverhandlungen“ im Wortsinn des § 312 c BGB waren) der Annahme eines ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommenen Vertrages entgegen. Insoweit sei der Begriff der Vertragsverhandlungen weit auszulegen. Ein Widerrufsrecht ist nicht gegeben.


Sonderfälle

Ist eine Nachtragsbeauftragung widerrufsfähig?
Ungeklärt ist bislang in der Rechtsprechung die Widerrufsfähigkeit, wenn es sich um eine Nachtragsbeauftragung bei einem schon laufenden Auftrag handelt. Hier ist die gleichzeitige körperliche Anwesenheit beider Parteien zwar geradezu typisch, also „eigentlich“ widerrufsfähig und damit belehrungspflichtig. Andererseits ist der vom Gesetzgeber beabsichtigte Schutz vor übereilten Entschlüssen in einer psychischen Drucksituation wohl nicht gegeben („Man kennt sich und arbeitet vertrauensvoll zusammen“).


Eine abschließende Entscheidung wird der Rechtsprechung vorbehalten bleiben.


Gesetzliche Ausnahmen: dringende Reparaturarbeiten und Bagatellaufträge.

§ 312 g BGB Absatz 2 Ziffer 11 und § 312 Absatz 2 Nr. 3 und 12: Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Verträgen, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparaturarbeiten vorzunehmen. Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Neubaumaßnahmen und Dienstleistungen unter 40 €

Schriftliche Belehrung über das Widerrufsrecht

Hat der Kunde ein Widerrufsrecht, muss er schriftlich darüber belehrt werden. Das Widerrufsrecht gilt 14 Tage ab Zugang der Belehrung beim Kunden. Fehlt die Belehrung, kann der Kunde den Vertrag 12 Monate lang widerrufen.

Liegt eine Belehrungspflicht vor, sollte der Malerbetrieb aus Gründen hoher Transparenz beim Vertragsschluss dies nicht „widerwillig“ sondern durchaus positiv und kundenfreundlich herausstellen.

Man könnte betriebsindividuell sogar so weit gehen, dem Privatkunden unabhängig von der Rechtslage immer ein Widerrufsrecht als Serviceleistung einzuräumen, um maximales Vertrauen aufzubauen. Außerdem hat das den klärenden Nebeneffekt, dass der Kunde, der nicht widerruft, auch wirklich mit einem zusammenarbeiten will.

Erlöschen des Widerrufsrechts bei sofortiger oder alsbaldiger Auftragsdurchführung und kompletter Auftragserledigung, § 356 Absatz 4 BGB

In Fällen, in denen der Kunde die Durchführung der Arbeiten schon vor Ablauf der 14‐tägigen Widerrufsfrist wünscht und deren Durchführung ausdrücklich zustimmt, und diese dann auch abgeschlossen werden, erlischt sein Widerrufsrecht. Allerdings muss er zuvor über den Verlust des Widerrufsrechts und dessen Erlöschen in dieser besonderen Konstellation gesondert schriftlich informiert worden sein und dies schriftlich bestätigt haben.
Ausübung des Widerrufsrechts und Wertersatz bei sofortiger oder alsbaldiger Auftragsdurchführung und nicht kompletter Auftragserledigung, § 357 Absatz 8 BGB.
In Fällen, in denen der Kunde die Durchführung der Arbeiten schon vor Ablauf der Widerrufsfrist ausdrücklich wünscht, diese dann aber noch nicht gänzlich abgeschlossen sind, kann der Kunde den Widerruf (immer noch) ausüben. In diesem Fall schuldet der Kunde allerdings Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachten Leistungen. Das allerdings auch nur, wenn der Kunde entsprechend belehrt wurde und wenn der Wunsch des Kunden, dass vor Ablauf der Frist begonnen werden soll, schriftlich erfolgt ist.
Nach Ausübung des Widerrufs:

  • kein Vertrag
  • kein Vergütungsanspruch (bzw. Rückzahlung der schon bezahlten Vergütung / Abschlags-rechnung
  • kein Wertersatz, sondern Rückgewährspflicht der schon ausgeführten Leistungen.

Ist der Vertrag widerrufen, gilt er als nicht existent. Sind unvorsichtigerweise (also nicht auf ausdrücklichen Kundenwunsch, siehe oben) schon Leistungen erbracht worden, hat der Handwerker keinen Vergütungsanspruch und keinen Entschädigungsanspruch. Eventuell schon gezahlte Abschlagsrechnung sind zurückzuerstatten.

Muss nach Widerruf des Vertrages die Farbe und der Putz wieder entfernt und „zurückgenommen“ werden?
In einem vom OLG Celle jüngst entschiedenen Fall (vom 12.01.2022 Az. 14 U 111/21) ging es jetzt um die Details der Rückabwicklung eines widerrufenen Vertrages. Klar ist insoweit, dass der Handwerker die bereits erhaltene Vergütung zurückzahlen muss. Der Kunde seinerseits schuldet nach § 355 Absatz 3 BGB ebenfalls die unverzügliche „Rückgewährung der Leistung“.

Wie diese Rückgewährsverpflichtung aber genau aussieht, regelt das Gesetz leider nicht. Bei beweglichen Kaufsachen, die der Gesetzgeber hauptsächlich vor Augen hatte, ist die Sache recht einfach. Sie werden zurückgegeben/zurückgeschickt/abgeholt. Anders sieht die Situation im Bau‐ und Ausbauhandwerk aus. Dort sind in aller Regel Werkverträge die Grundlage, und das bedeutet, dass umfangreiche Einbauten stattgefunden haben, die zurückgebaut wer-den müssten. Dies bedeutet einerseits einen gewissen Aufwand und andererseits auch die Gefahr von Zerstörungen.

Das OLG Schleswig urteilte (konkret ging es um den Rückbau einer komplexen Wärmepumpenanlage einschließlich Verrohrung), dass der Kunde nicht selbst Hand anlegen müsse. Er komme seiner Rückgewährverpflichtung nach, wenn er dem Handwerker die Möglichkeit verschafft, den Rückbau vorzunehmen und ihm die ausgebauten Teile (zum Beispiel das Dachfenster oder die Solaranlage) wieder rückübereignet. Dass dabei die Sachen beschädigt und im Wert gemindert werden könnten, spiele keine Rolle.

Der Handwerker wird den Rückbau in der Praxis aber wahrscheinlich nur dann vornehmen wollen, wenn der Rückbau einen für ihn erzielbaren wirtschaftlichen Restwert hat. Beim Rückbau einer Wandbeschichtung mit Putz oder Farbe ist das völlig unvorstellbar. In dieser Situation kann der Maler dem Kunden die Sache freilich „kostenlos“ überlassen (seine Vergütung muss er auf jeden Fall zurückzahlen).

Ob der Kunde auf einem Rückbau bestehen kann, weil er die Sache einfach nicht mehr will, oder weil die Leistung mangelhaft ist (was übrigens in den allermeisten Fällen des Widerrufs der tatsächliche Auslöser war), ist bisher nicht geklärt. Nach allgemeinen Vertragsgrundsätzen wird das eine Sache der individuellen Situation nach Treu und Glauben sein. Bei einer mangelhaften Leistung wird sicherlich der Rückbau „erzwungen werden können“.

 

Widerrufsrecht nach der Baurechtsreform 2018 für spezielle Verbraucherbauverträge, (Neubau oder Komplettumbau) nach § 650 l BGB

Der Verbraucherbauvertrag ist ein Vertragstyp, der durch die Baurechtsreform 2018 geschaffen wurde. Er gilt nur für spezielle Vertragsverhältnisse mit Verbrauchern, die einen Neubau oder einen erheblichen Umbau von Gebäuden zum Gegenstand haben und das meint letztlich einen Vertrag über eine Gesamtleistung. Malerarbeiten an einem Neubau, die ein Verbraucher z.B. mit einem Architekten beauftragt, fallen nicht darunter, weil es sich nur um eine Teilleistung eines Gewerks handelt. Faktisch sind Verbraucherbauverträge immer Verträge über Schlüsselfertigbau oder Generalsanierung aus einer Hand. 

Widerrufsrecht

Widerrufsbelehrung für Werkverträge bei Vertragsabschluss außerhalb von Geschäftsräumen und bei Fernabsatzgeschäften

Widerrufsrecht

Sie haben das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen. Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses.
Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns (Mohr Holding GmbH & Co. KG, Kohlenstraße 15, 44795 Bochum, Mail: info@mohr-maler.de, Tel: 0234 94392-0) mittels einer eindeutigen Erklärung (z. B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E‐ Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür der Einfachheit halber das beigefügte Muster‐Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist.
Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht es aus, dass Sie die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden.

Folgen des Widerrufs

Wenn Sie diesen Vertrag widerrufen, haben wir Ihnen alle Zahlungen, die wir von Ihnen erhalten haben, unverzüglich und spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem die Mitteilung über Ihren Widerruf dieses Vertrags bei uns eingegangen ist.
Für diese Rückzahlung verwenden wir dasselbe Zahlungsmittel, das Sie bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt haben, es sei denn, mit Ihnen wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart; in keinem Fall werden Ihnen wegen dieser Rückzahlung Entgelte berechnet.
Haben Sie verlangt, dass die Dienstleistungen während der Widerrufsfrist beginnen soll, so haben Sie uns einen angemessenen Betrag zu zahlen, der dem Anteil der bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie uns von der Ausübung des Widerrufsrechts hinsichtlich dieses Vertrags unterrichten, bereits erbrachten Dienstleistungen im Vergleich zum Gesamtumfang der im Vertrag vorgesehenen Dienstleistungen entspricht.